Die Wiederkehrenden Straßenbeiträge

Bis 2019 wurde in der Stadt Neustadt (Hessen) und vielen weiteren Städten und Gemeinden in Hessen der Ausbau und die grundhafte Erneuerung der Straßen über einen einmaligen Beitrag der direkten Anlieger in der betreffenden Straße finanziert. Dieser einmalige Beitrag umfasste die Abrechnung einer Einzelnen konkreten Straßenbaumaßnahme.


Die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Neustadt (Hessen) hat beschlossen, die wiederkehrenden Straßenbeiträge zur Erneuerung, Verbesserung und Erweiterung von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen einzuführen. Diese Möglichkeit, anstelle einmaliger Beiträge wiederkehrende Straßenbeiträge zu erheben, wurde in Hessen zum 1. Januar 2013 geschaffen.


Dass für Straßenerneuerungen Grundstückseigentümer zur Zahlung sogenannter Straßenbeiträge herangezogen werden, ist nichts Neues. Bisher gab es in Hessen jedoch nur die Möglichkeit, die Kosten dieser Maßnahmen auf die direkt anliegenden Grundstückseigentümer umzulegen. Hierbei konnte es sein, dass ein Grundstückseigentümer vier- bis fünfstellige Beiträge mit sofortiger Fälligkeit zu zahlen hatte. Seit dem 1. Januar 2013 lässt das Hessische Gesetz über kommunale Abgaben jedoch auch alternativ zum Einmalbeitrag eine solidarische Umlegung von Kosten solcher Maßnahmen auf ganze Ortsteile -sog. Abrechnungsgebiete-, nicht jedoch auf das gesamte Gemeindegebiet, zu. Hierdurch sinkt der Beitragssatz für den Grundstückseigentümer erheblich. Aus Rheinland-Pfalz, wo die wiederkehrenden Straßenbeiträge schon seit über 20 Jahren angewendet werden, sind dreistellige Beträge pro Jahr bekannt. Dieser Betrag wird dafür jährlich wiederkehrend erhoben. 

Wichtig ist, dass Beitragserhebungen nur dann erfolgen, wenn investive Straßenbaumaßnahmen im Abrechnungsgebiet durchgeführt werden.

 

Abgrenzung zum Erschließungsbeitrag:

Wiederkehrende Straßenbeiträge sind nicht zu verwechseln mit Erschließungsbeiträgen, die (nach wie vor) für die erstmalige Herstellung einer Straße (z.B. in Neubaugebieten) direkt von den Grundstückseigentümern zu tragen sind, siehe Baugesetzbuch §34 ff.

 

Rechtliche Grundlage

Nach dem sog. "Herbsterlass" des Hessischen Innenministeriums vom 3. März 2014 sind Kommunen, deren Haushaltswirtschaft dauerhaft defizitär ist, verpflichtet, ihre Ertragsmöglichkeiten auszuschöpfen, wenn der Haushaltsausgleich durch Reduzierung der Aufwendungen nicht erreicht werden kann. Dazu gehört auch die Erhebung von Straßenbeiträgen.
Der Landtag hatte am 20. November 2012 das Gesetz zur Änderung des Gesetzes über kommunale Abgaben (KAG) beschlossen. Dieses Gesetz ist die Grundlage dafür, dass Kommunen alternativ zur Erhebung einmaliger Beiträge nach §11a Abs. 1 Satz 1 wiederkehrende Beiträge erheben können.

 

Häufige Fragen

 

Warum erhebt die Stadt Neustadt (Hessen) wiederkehrende Straßenbeiträge?

In der aktuellen Fassung des Kommunalabgabengesetzes ist die Erhebung von Straßenbeiträgen eine Kann-Bestimmung. Da die Haushaltslage es zugelassen hat und häufig der Kanal und nicht der Zustand der Straße der Anlass der Straßenerneuerung war, wurden in der Vergangenheit oft keine Straßenbeiträge erhoben. So gab es Straßen, die erneuert wurden, ohne dass die Anlieger hierfür zur Kasse gebeten wurden. Vor dem Hintergrund der nachhaltigen Ausrichtung und mit Blick auf die Finanzlage der Gemeinde ist ein Verzicht auf Beiträge unumgänglich.


Eine Umlage der Straßenbaukosten nur auf die Anlieger der erneuerten Straße würde einen hohen einmaligen Straßenbeitrag für diese Anleger bedeuten. Alle anderen, die jedoch auch die Straße benutzen, hätten keinen Beitrag zu bezahlen. Um diese Ungleichbehandlungen zu beenden, hat die Stadt Neustadt (Hessen) beschlossen, zukünftige Straßenerneuerungsmaßnahmen auf alle Anlieger eines jeweiligen Abrechnungsgebietes umzulegen.

 

Wer muss den wiederkehrenden Straßenbeitrag zahlen?

Grundsätzlich ist jeder, der Eigentümer oder Erbbauberechtigter eines Grundstücks ist, welches vom öffentlichen Straßennetz des jeweiligen Ortsteils zugänglich ist, beitragspflichtig. Hiervon sind befristete Grundstücke ausgenommen, für die Erschließungsbeiträge oder andere einmalige Beiträge in den vergangenen 25 Jahren erhoben wurden. Diese sind, bis zum Ablauf von 25 Jahren ab Entstehung der Beitragspflicht, von wiederkehrenden Straßenbeiträgen befreit.

  

Welche Kosten werden umgelegt?

Umgelegt werden immer die Kosten der Erneuerungsmaßnahmen, die jeweils in einem Zeitraum von 4 Jahren anfallen. Dieser Zeitraum umfasst in Neustadt (Hessen) den Durchschnitt der zu erwartenden Investitionsaufwendungen in dem Zeitraum der Jahre 2019 bis 2022. Von diesen Aufwendungen wird ein der Stadt für die Allgemeinheit zuzurechnender Anteil abgezogen. Die verbleibenden und sich für diesen 4-Jahres-Zeitraum ergebenden durchschnittlichen jährlichen Erneuerungskosten werden anteilmäßig pro Abrechnungsgebiet auf die Grundstücks­eigentümer umgelegt.

 

Warum werden nicht alle Kosten gleichermaßen auf alle Ortsteile umgelegt?

Das Hessische Gesetz über Kommunale Abgaben lässt eine zu pauschale Aufteilung auf alle Ortsteile nicht zu. Maßgebend ist, ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben. Diese hängt nicht von der politischen Zuordnung eines Gebietes, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden Gebietes, der Topographie oder der tatsächlichen Straßennutzung ab.

 

Müssen Gewerbetreibende mehr als Privatpersonen bezahlen?

Gewerblich und freiberuflich genutzte Grundstücke, bei denen aufgrund der ausgeübten Tätigkeit mit einem vermehrten Verkehrsaufkommen oder einer intensiveren Nutzung der Straßen zu rechnen ist, werden grundsätzlich mit einem sogenannten Artzuschlag von 20%, bei nur teilweise gewerblich genutzten Grundstücken mit einem Artzuschlag von 10% belastet.

 

Können die Kosten der wiederkehrenden Straßenbeiträge auf Mieter umgelegt werden?

Zwar erweckt der wiederkehrende Straßenbeitrag aufgrund seiner Bezeichnung, Fälligkeit und Dauerhaftigkeit den Eindruck, dass es sich um eine "laufende öffentliche Last" im Sinne des § 2 Nr. 1 BetrKV handele, die auf Mieter umgelegt werden können. Jedoch ist der wiederkehrende Straßenbeitrag nach wie vor ein Beitrag nach KAG und dient jeweils der Finanzierung von (einmaligen) Investitionen. Das Amtsgericht Greiz (Thüringen) vertritt bereits mit Urteil vom 13. Juli 1998 die Auffassung, dass wiederkehrende Straßenbeiträge aus diesem Grund nicht auf die Mieter umlegbar sind.

 

Was sind die Vorteile des wiederkehrenden Straßenbeitrags?

  • Gleichmäßige vorhersehbare Belastung der Bürger über mehrere Jahre 
  • Gerechte Verteilung, da alle das Straßensystem nutzen und auf dieses angewiesen sind (Solidargemeinschaft)
  • Auf die Gesamtdauer gesehen (20 Jahre) geringere Beiträge als bei der einmaligen Zahlung -> Hohe Einmalbelastung entfällt
  • Nur einfache Belastung bei mehrfach erschlossenen Grundstücken
  • Notwendige Beitragsmaßnahmen werden nicht hinausgeschoben

 

Wer ist beitragspflichtig?

Die Beitragsschuld entsteht jeweils mit Ablauf des 31. Dezember für das abgelaufene Jahr. Wenn das Grundstück mit einem Erbbaurecht belastet ist, tritt der Erbbauberechtigte an die Stelle des Eigentümers. Gegenstand der Beitragspflicht ist das Grundstück, welches im Grundbuch eingetragen ist.

 

Wie hoch ist mein Straßenbeitrag?

Der Beitrag setzt sich aus folgenden Faktoren zusammen:

  • Grundstücksgröße
  • Nutzungsarten
  • Anzahl der Geschosse
  • Beitragssatz entsprechend Abrechnungsgebiet
  • Artzuschlag

 

Wann wird der wiederkehrende Straßenbeitrag fällig?

Die Kosten werden für das abgelaufene Jahr jeweils im darauffolgenden Jahr abgerechnet.

 

Wie ist die Beitragspflicht zu leisten?

Der Beitragsbescheid ist gem. §17 innerhalb von einem Monat nach Zugang des Beitragsbescheides per Überweisung oder per SEPA-Basis-Lastschriftverfahren fällig.

SEPA-Lastschriftverfahren:
Zu Ihrer Vereinfachung bieten wir Ihnen an, Ihren Straßenbeitrag per SEPA –Basis-Lastschriftverfahren von uns einziehen zu lassen. Somit verpassen Sie keine Zahlungsfrist und vermeiden Säumniszuschläge und Mahngebühren. Das Formular „SEPA-Lastschriftmandat“ legen wir als Anlage dem Beitragsbescheid bei.

 

Wer entscheidet, welche Straßen erneuert/saniert werden?

Die Stadt erstellt alle 4 Jahre ein Bauprogramm, verbunden mit einer Überprüfung des Kanals und anderen Leitungen. Alle Gewerke werden auf ihren Zustand überprüft. Die Gemeindevertretung legt danach die neue Prioritätenliste fest.

 

Fallen Straßenbeiträge dauerhaft an?

Es ist natürlich nur dann etwas zu bezahlen, wenn in dem betroffenen Abrechnungsgebiet/Ortsteil auch Investitionen in das Straßennetz stattfinden. Beiträge über einen längeren Zeitraum (hier bis zu 4 Jahre) sind über den gewählten Zeitraum einheitlich. Ändert sich der Beitragssatz bei einem jährlichen Abrechnungszeitraum, kann es zu Schwankungen kommen.

 

Die 4-jährige Beitragspflicht ist rum, was passiert danach?

Einer wiederkehrenden Leistung entspricht ein ebenso wiederkehrendes Leistungsentgelt. Erfolgt keine Leistungserbringung, fällt somit auch kein Entgelt an. Fallen weitere Leistungen nach den 4 Jahren an, wird der Straßenbeitrag neu berechnet und mit einem neuen Beitragsbescheid an die Grundstückseigentümer versendet.

 

Wie wird der prozentuale Anteil der Stadt festgelegt?

Für jedes Abrechnungsgebiet muss das Verhältnis vom Durchgangsverkehr zum Anliegerverkehr gewichtet werden. Dieser ist in der Satzung festgelegt.

 

Wie setzt sich der prozentuale Teil des Artzuschlags fest?

Die Höhe des Artzuschlages hat sich aus der Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz entwickelt.

In Kern-, Gewerbe- und Industriegebieten:                                                             +20%
Ausschließliche gewerbliche oder ähnliche Nutzung in sonstigen Baugebieten:    +20%
Bei gemischt genutzten Grundstücken in sonstigen Baugebieten:                         +10%

 

Wie wird ein Vollgeschoss definiert?

Kellergeschosse sind oberirdische Geschosse, wenn ihre Deckenoberkanten im Mittel mehr als 1,40 m über die Geländeoberkante hinausragen.

Vollgeschosse sind oberirdische Geschosse, die eine Höhe von mindestens 2,30 m haben.

Ein gegenüber mindestens einer Außenwand des Gebäudes zurückgesetztes oberstes Geschoss (Staffelgeschoss) und ein Geschoss mit mindestens einer geneigten Dachfläche ist ein Vollgeschoss, wenn es diese Höhe über mehr als drei Viertel der Brutto-Grundfläche des darunter liegenden Geschosses hat.

Die Höhe der Geschosse wird von der Oberkante Rohfußboden bis zur Oberkante Rohfußboden der darüber liegenden Decke, bei Geschossen mit Dachflächen bis zur Oberkante der Tragkonstruktion, gemessen.

Dachgeschoss (Grundfläche): Länge [m] x Breite [m] = Fläche DG [m²]

Dachgeschoss niedriger als 2,30 m -> kein Vollgeschoss

oberstes Geschoss (Bruttogrundfläche): Länge [m] x Breite [m] = Fläche OG [m²]

75 % der Bruttogrundfläche = 0,75 x Fläche OG [m²] = relevante Fläche [m²]

Kellergeschoss: Geländehöhe 1 = Gh1 [m] Geländehöhe 2 = Gh2 [m]

Prüfen ob (Gh1 +Gh2) / 2 größer oder kleiner 1,40m

 

Ich habe eingeschossig gebaut. Warum muss ich für zweigeschossig oder mehr bezahlen?

Aufgrund langjähriger Rechtsprechung in Rheinland-Pfalz, sieht das Satzungsmuster der Stadt Neustadt (Hessen) vor, dass in beplanten Gebieten die Vollgeschosszahl aus dem jeweiligen Bebauungsplan zu entnehmen ist, unabhängig davon, wie viel Geschosse tatsächlich errichtet wurden.

Im unbeplanten Gebiet ergibt sich die Vollgeschosszahl in der Regel aus den tatsächlich errichteten Vollgeschossen.