Neues Streetwork-Projekt in Neustadt (Hessen)
Das neue Streetwork-Angebot richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene, die sich in den Abendstunden und an den Wochenenden im öffentlichen Raum in Neustadt (Hessen) aufhalten und bisher nicht oder nur wenig von sozialen Angeboten erreicht werden. In erster Linie sollen Jugendliche und junge Männer aus Südosteuropa angesprochen werden. Ziel des neuen Projekts ist es, Kontakt und Vertrauen zur Zielgruppe aufzubauen, die Bedarfe und Interessen der jungen Menschen zu erfassen und passende Angebote für sie zu generieren. Weiteres Ziel ist die Bearbeitung von Konflikten im öffentlichen Raum um zu einer angenehmen und sicheren Atmosphäre für alle beizutragen.
Mit 10 Wochenstunden ist der neue Streetworker Lukas Brauschke seit März 2023 in Neustadt (Hessen) im Einsatz. Der angehende Grundschullehrer verstärkt das Netzwerk der Sozialen Arbeit in Neustadt an Stellen, die bisher nicht ausreichend bearbeitet werden konnten: die Ansprache von jungen Menschen, die von Angeboten der Kommunalen Jugendarbeit nicht oder kaum erreicht werden, sowie Präsenz in den Abendstunden und an Wochenenden.
Im Moment arbeitet er sich in den für ihn spannenden aber vollkommen neuen Arbeitsbereich ein. „Wenn ich mit den Jugendlichen arbeiten will, muss ich zuerst ihr Vertrauen gewinnen“ sagt Lukas Brauschke, das sei ihm durch viele Gespräche mit seinen Neustädter Kolleginnen aus dem WIR-Projekt und der Gemeinwesenarbeit und im Austausch mit dem Streetworker aus Stadtallendorf schnell klargeworden. Die erste Zeit hat er daher damit verbracht, Informationen über die Zielgruppe zu sammeln und die Neustädter Kolleginnen in ihrem Arbeitsalltag zu begleiten um die ersten Kontakte zu knüpfen. Perspektivisch wird er jedoch vor alle mobil arbeiten und die jungen Menschen an den Orten im öffentlichen Raum oder in ihrem Wohnumfeld aufsuchen, an denen sie sich aufhalten. Er steht dabei allen als Ansprechpartner bei Problemen oder Konflikten und für Gespräche oder Ideen zur Verfügung, ist aber in erster Linie Sozialarbeiter und für die Interessen und Bedarfe der jungen Menschen in Neustadt da. „Manche der Jugendlichen interessieren sich für Boxen, so viel habe ich schon herausgefunden. Die kann ich gut mal mit zum Training nehmen“ freut sich Brauschke, der selbst in seiner Freizeit erfolgreich boxt. Aber auch andere Sport- und Bewegungsangebote oder ganz andere Aktivitäten kann er sich gut vorstellen – „es kommt auf die Jugendlichen an“.
Streetwork in Neustadt (Hessen) wird durch den Landkreis Marburg-Biedenkopf/ Büro für Integration mit 23.000 € für das Jahr 2023 gefördert, Projektträger ist der bsj Marburg im Auftrag der Stadt Neustadt (Hessen). „Mit dem Projekt betreten wir Neuland“ erklärt Marian Zachow, Erster Kreisbeigeordneter, „Wir wollen auf Menschen zugehen, die beim Integrationsprozess immer hinten runterfallen. Zugewanderte aus anderen EU-Staaten waren bisher zu wenig im Blick und so ist es nicht verwunderlich, dass sich manche abgehängt fühlen. Streetwork soll dazu beitragen, dass sich die Menschen besser eingebunden fühlen“.
Franziska Engelhardt, Leiterin des Büros für Integration, betont, dass Neustadt in diesem Bereich bereits besonders aktiv ist: „Die Situation in anderen Kommunen im Landkreis ist ähnlich, aber dort gibt es noch kaum Bearbeitungsansätze“. Neustadt sei daher der richtige Ort, um Streetwork im ländlichen Raum als Methode zu erproben, die Erfahrungen sollen aber in andere Regionen übertragen werden und in den gesamten Landkreis wirken.
Beide sind froh, dass das neue Projekt in der bewährten Zusammenarbeit zwischen dem bsj und der Stadt Neustadt (Hessen) auf den Weg gebracht werden konnte. Da der bsj bereits mit vielen anderen sozialen Einrichtungen wie Kommunale Jugendarbeit, Gemeinwesenarbeit, WIR-Projekt für Zugewanderte aus Südosteuropa und Quartiersmanagement in Neustadt (Hessen) vertreten ist, ist das neue Streetwork-Projekt von Beginn an gut eingebunden in das Netzwerk der Sozialen Arbeit in Neustadt, das viele Möglichkeiten für Kooperationen, Unterstützung und Austausch bietet. Für den neuen Streetworker sind das gute Voraussetzungen, seine Zielgruppe kennenzulernen. Außerdem können unkompliziert Räumlichkeiten wie der Jugendraum oder der Begegnungstreff in der Marktstraße als Ausweichmöglichkeiten bei schlechtem Wetter oder für Indooraktivitäten genutzt werden.
Thomas Groll, Bürgermeister der Stadt Neustadt (Hessen), bedankt sich beim Büro für Integration und dem Landkreis Marburg-Biedenkopf für die Unterstützung und die Finanzierung des Streetwork-Projekts in Neustadt in der Pilotphase. „Wir müssen Perspektiven für die Zukunft schaffen“ betont er, „momentan bestehen durch das WIR-Projekt und die Gemeinwesenarbeit in Neustadt gute Zugänge zu den Zugewanderten aus Südosteuropa. Die Förderung für das WIR-Projekt läuft aber Ende 2023 aus und die Perspektiven für die Gemeinwesenarbeit sind noch unklar“.
Dass der neue Streetworker Lukas Brauschke Neustädter ist, hat in seinen Augen viele Vorteile: Er kommt von hier und kennt sich aus, weiß, „wie Neustadt tickt“ und viele kennen ihn.
Monika Stein, Geschäftsführerin des bsj Marburg, weist auf die kulturellen Hürden hin, die manchmal das Zusammenleben erschwerten, die aber auch überwunden werden könnten. Sie freut sich über das spannende neue Aufgabenfeld für den bsj, denn aufsuchende Arbeit sei schon immer ein Teil der Arbeitspraxis des bsj gewesen. „Der öffentliche Raum ist ein guter Ort, um niedrigschwellige Begegnungen zu ermöglichen, besonders, wenn man Menschen erreichen will, die uns die Tür nicht aufmachen. Man wird gesehen, kann aber auch leicht gehen“.
Die Pilotphase für das Streetwork-Projekt in Neustadt (Hessen) läuft vorerst bis Ende 2023.